Leadership and developments in the German Private Wealth Management market
A market outlook provided by executive search firms on current affairs in wealth management. Robert Zimmermann shares insights on leadership challenges and governance.
Wie steht es aus Ihrer Sicht derzeit um die Private-Wealth-Branche in Deutschland?
Robert Zimmermann: Der Jahresstart darf, was die Preisentwicklung der liquiden Assets anbelangt, als geglückt bezeichnet werden. Dennoch gibt es dringende „Pendenzen“, die es in den kommenden Jahren anzupacken gilt: bei der Digitalisierung des Wealth-Management-Geschäfts sowie auch beim Umgang mit neuen Themen wie Kryptowährungen spürt man – und ich spreche hier nicht von der aus Berlin heraus getriebenen Fintech-Dynamik – insbesondere bei etablierten Institutionen, Zurückhaltung.
Auf Managementebene steht in den nächsten fünf Jahren in vielen Institutionen ein Generationenwechsel an. Die notwendigen Veränderungen des Geschäftsmodells, der Konkurrenzdruck und die daraus resultierenden, höheren Ansprüche an Führungskräfte sowie auch die veränderten Erwartungen der Kandidatinnen und Kandidaten, sind Aspekte, welche es bei der Suche und Selektion von Führungskräften zu berücksichtigen gilt. Der Wettbewerb um die Gunst der knapp 10.000 UHNWIs (mit jeweils Assets von über 50 Millionen US-Dollar) wird sich weiter intensivieren.
Welche akuten und welche langfristigen Auswirkungen hat die aktuelle Krise derzeit auf den Personalmarkt?
Zimmermann: Wir beobachten eine größere Nachfrage nach Kandidatinnen und Kandidaten mit inklusivem und teamorientiertem Führungsanspruch sowie einem ganzheitlichen Verständnis für Geschäftsmodelle und Strategien. Es braucht heute – Stichwort „Purpose Driven Leadership“ – weiterentwickelte Fähigkeiten zur Gewinnung und Führung von Talenten. Dazu gehört auch, dass sich Firmen mit einer klaren Strategie und Positionierung am Markt differenzieren müssen. In Bezug auf die Entwicklung der Unternehmenskultur sind die veränderten Ansprüche der Gesellschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, Flexibilisierung des Arbeitsmodells und einer gelebten inkludierenden Leadership-Kultur maßgebend. Das sich stetig verändernde technologische Umfeld ist mit Bezugnahme auf mögliche Effizienzgewinne innerhalb des Wealth Managers und anderseits mit Blick auf das Konsum- und Kommunikationsverhalten von Wealth-Management-Kundinnen, Herausforderung und Chance zugleich.
Welche Folgen der Corona-Krise sind am Personalmarkt und im Vermittlungsgeschäft noch spürbar?
Zimmermann: Die neuen Möglichkeiten des „Remote Working“ (inklusive deren Akzeptanz) hat die Nachfrage nach unabhängiger Beurteilung von Kandidaten erhöht, wobei Effizienzgewinne im Tagesgeschäft (insbesondere durch den Wegfall von Reisekosten) durch den gezielten Einsatz von Videokonferenzen erzielt werden konnten. In dieser Zeit war es sicher von Vorteil, bereits über mehrere Dekaden im europäischen Markt präsent und gut vernetzt zu sein, da die Neugewinnung von Kunden erschwert war.
Welche Anreize müssen Arbeitgeber den Kandidatinnen und Kandidaten in der Branche bieten, um sie von einem Wechsel zu überzeugen?
Zimmermann: Wir verbringen sehr viel Zeit mit unseren Kunden für die Definition der Kriterien für die Führungskräfte von morgen: Was benötigt man als Leistungsausweis und Kompetenzen, um den gestiegenen Anforderungen auf der Vorstandsebene gerecht zu werden? Ein Unternehmen positioniert sich mit einer klaren Strategie, einem gemischten Führungsteam und der Bereitschaft, in das Kerngeschäft zu investieren.
Welche Wechseltendenzen lassen sich derzeit bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Branche feststellen?
Zimmermann: Als Beispiel sehen wir im Bankentechnologiesektor erste Anzeichen, dass Banken wieder attraktiver werden und sich eine Trendwende abzeichnet: Nachdem die traditionellen Finanzinstitute über Jahre hinweg Talente nicht gewinnen konnten oder an Firmen aus dem Technologiebereich verloren haben, bietet die aktuelle Situation, mit den personellen Überkapazitäten im Fintech-Bereich, eine willkommene Opportunität, Talente im digitalen Bereich für klassische Banken zu rekrutieren.
Wird die Zahl der Jobwechsel in der Branche zunehmen? Warum?
Zimmermann: Wir sehen sehr viele ungelöste Nachfolgesituationen in den obersten Leitungsgremien und in höheren Führungspositionen. Die Transformation des Geschäfts führt dazu, dass viele Entscheidungsgremien vor einem Generationenwechsel stehen. Dieser kann oft nur durch externe Rekrutierungen herbeigeführt werden. Viele Institutionen im Private-Banking-Markt agieren heute nicht kostendeckend und mit ungenügender Produktivität. Dies wird zwangsläufig zu harten (Personal-)Entscheidungen führen.
Jobprofil: Welche Fähigkeiten sollten Kandidatinnen und Kandidaten mitbringen und wie haben sich die Anforderungen im Vergleich zu den Vorjahren verändert?
Zimmermann: Von Kandidatinnen und Kandidaten wird erwartet, dass sie – neben der kommerziellen Orientierung und einem tiefgründigen Verständnis des Marktes und in Bezug auf die Zukunft der Branche und insbesondere auf relevante Werttreiber klare Vorstellungen – Offenheit für Arbeit in teils dezentral agierenden, diversen Teams sowie auch ein klares Bekenntnis zu ESG-konformem Verhalten haben.
In welchen Abteilungen und Bereichen wird verstärkt eingestellt?
Zimmermann: Aktuell beobachten wir viele technologiegetriebene Suchen für Chief-Information-Officer- und Chief-Operations-Officer-Funktionen sowie Managementpositionen im CFO-Bereich sowie auch geordnete Nachfolgeplanungen für Vorstandsvorsitzende. Die Vorgehensweise, interne und externe Kandidaten parallel beurteilen zu lassen, scheint sich durchgesetzt zu haben.
Wie haben sich die Gehälter im Private Wealth Management in den vergangenen zwei Jahren entwickelt?
Zimmermann: Die Gehälter sind relativ stabil geblieben. Die Schwankungen nehmen jedoch zu und es wird, was zu begrüßen ist, noch stärker Performance-gebunden vergütet. Dies beinhaltet auch, dass die Zusammenarbeit und Zielerreichung über Geschäftsbereiche hinweg über sogenannte Shared KPI’s incentiviert und verlinkt wird. Uns fällt im Vergleich zu unserer Beratungstätigkeit in anderen Ländern auf, dass die Vergütung von Aufsichtsräten weiterhin zu tief liegt und nicht immer der auch im Gesetz verankerten Verantwortung einer Aufsichtsrätin gerecht wird.